Donnerstag, 5. März 2009

Jörg von de Fenn bezwingt Kilimandscharo


Jörg von de Fenn hat sich einen Traum erfüllt. Der Bergsteiger aus Memmingen hat vor wenigen Tagen den Gipfel des Kilimandscharo bezwungen. Das wunderbare Panorama, das sich ihm auf 5895 Meter Höhe bot, blieb dem 39-Jährigen allerdings verwehrt.
Er ist seit 18 Jahren blind. „Ich freue mich riesig, dass es geklappt hat. Auch wenn ich den Berg Tage später noch in den Waden gespürt habe“, erzählt er über die Anstrengungen an Afrikas höchstem Berg. Er war zusammen mit vier Bergsteigern aus Bayern und Thüringen sowie 26 einheimischen Begleitern unterwegs. Ganz oben erwartete die Gruppe starker Wind und Temperaturen um minus sieben Grad. „Es ist trotzdem ein tolles Gefühl, dort zu stehen und mit den anderen um die Wette zu jubeln.“

Von de Fenn, der als 21-Jähriger nach einer Sehnerv-Entzündung erblindete, ist leidenschaftlicher Bergsteiger. „Die Ruhe in den Bergen gefällt mir.“ Neben vielen Wanderungen in Osttirol und im Allgäu, bei denen ihn manchmal auch seine Frau begleitete, hat der gebürtige Rheinländer auch schon einige größere Unternehmungen am Berg hinter sich. So stand er bereits auf dem Gipfel des Großglockners (3798 Meter) und meisterte einen Klettersteig am Hohen Dachstein (3004 Meter). „Ich würde gerne häufiger größere Sachen machen. Aber es ist schwierig, jemanden zu finden, der mich dabei begleitet.“ Eine Begleitperson ist für den Blinden jedoch unerlässlich. Obwohl er konditionell fit ist und sich trittsicher fühlt, braucht er jemanden, der ihm den Weg weist.

„Wir sind ein eingespieltes Team“

Am Kilimandscharo in Tansania hatte der Memminger Dietmar Hail diese Aufgabe übernommen. Die beiden sind seit vielen Jahren befreundet und waren schon häufig zusammen in den Bergen unterwegs. „Wir sind ein eingespieltes Team“, sagt von de Fenn. Hail sei stets knapp einen Meter voraus gegangen und habe ihm mit kurzen Anweisungen wie „Auf 1 Uhr ist ein Griff“ oder „Setze Deinen Fuß auf 7 Uhr“ geholfen. Zur Orientierung hielt sich von de Fenn an einer Schlaufe am Rucksack seines Begleiters fest. Aufstiegshilfe, die ihm einheimische Bergführer anboten, lehnte er ab. „Die haben sich rechts und links bei mir eingehakt und wollten mir so nach oben helfen. Aber ich brauche die Bewegungsfreiheit beim Gehen.“

In sechs Tagesetappen bewältigte die Gruppe den schneebedeckten Kilimandscharo, bevor es für die Teilnehmer am Ziel die ersehnte Gipfel-Urkunde gab. Für den Aufstieg wählten sie die Machame-Route. Am anstrengendsten war laut van de Fenn der Gipfeltag, an dem die Bergsteiger ab Mitternacht 15 Stunden unterwegs waren. „Wenn man nicht sieht, wohin man tritt, ist bergab gehen weitaus schwieriger als bergauf. Das Vulkangestein ist nämlich ziemlich rutschig.“

Berge sollen keine unüberwindbare Hürde sein

„Eine tolle Leistung“, sagt Thomas Bucher vom Deutschen Alpenverein in München zum Erfolg des Memmingers an Afrikas höchstem Berg. Bucher ist froh darüber, dass Berge für Blinde keine unüberwindbaren Hürden darstellen. „Es gibt inzwischen alpinistische Leistungen, die unglaublich sind.“ So gelang es etwa einer Seilschaft von zwei Blinden, eine extreme Klettertour in den Dolomiten zu bewältigen.

Auch von de Fenn hat noch hohe Ziele. Für das nächste hat er bereits einen Termin im Auge, seinen 40. Geburtstag im Juni. Den will er auf dem Montblanc feiern. Ob er sich nach Europas höchstem Berg (4808 Meter) die Seven Summits, die höchsten Gipfel der sieben Kontinente, zum Ziel steckt, lässt von de Fenn noch offen. Sicher ist jedoch, dass er sich weiterhin viel draußen bewegen will - ob beim Bergsteigen, Klettern, Inlineskaten oder Tandemfahren. „Sport ist mir wichtig. Ich kann nicht zu Hause auf dem Sofa sitzen und nichts tun, nur weil ich blind bin. Ich bin jemand, der raus muss.“

Auszug aus "inFranken.de" von Birgit Klimke

Keine Kommentare: